Partizipative Stadtentwicklung – Lebensraumgestaltung durch Graswurzeln

16. Jul 2018

Partizipative Stadtentwicklung – Lebensraumgestaltung durch Graswurzeln

Explodierende Mieten, schwindende Grünflächen, Grundstücke, die Investoren aus Spekulationsgründen brachliegen lassen und Luxussanierungen, die mit saftigen Mietpreiserhöhungen einhergehen: In den zurückliegenden Jahren haben sich die Probleme deutschen Innenstädten verschärft.

Dabei stehen wichtige Fragen auf der Tagesordnung: Wie gelingt das harmonische Zusammenleben verschiedener Bevölkerungsgruppen? Wie sehen die Städte der Zukunft aus? Und vor allem: In wieweit werden die Bürger bei der Entscheidungsfindung hinsichtlich der Umsetzung von Stadtprojekten einbezogen? Zunehmend mehr Stadtbewohner wollen die Beantwortung dieser Fragen nicht mehr den verantwortlichen Stadtverwaltungen und Kommunalpolitikern überlassen, sondern selbst aktiv werden. Das Schlüsselwort in diesem Kontext heißt Graswurzel-Initiative.

Graswurzeln: Gestalten und Verändern von „unten nach oben“

Als Graswurzeln werden Initiativen bezeichnet, die ihren Ursprung in der Basis der Bevölkerung haben. In der Regel beginnt eine derartige Initiative mit einem lockeren Zusammenschluss Gleichgesinnter, die ein gemeinsames Ziel verbindet. Dabei handelt es sich um Bürger, die nicht darauf warten wollen, dass Stadtverwaltungen oder Politiker Veränderungen anstoßen. Eigeninitiative ist das Stichwort in diesem Zusammenhang. Verbunden damit ist der Wunsch, selbst etwas zu bewirken und gleichzeitig Verantwortung zu übernehmen. Dabei muss es sich keineswegs um staatstragende Projekte handeln. Veränderungen beginnen meist kleinteilig und äußern sich beispielsweise durch das Abhalten von Kleidertauschbörsen, das Anlegen von Kräuterbeeten im Hinterhof oder durch Mitfahrinitiativen in einem Wohnviertel. Ziel der Aktionen ist es, das Zusammenleben positiv zu gestalten und das Miteinander zu fördern. Bürokratische Hürden müssen oft gar nicht überwunden werden, weil sie schlicht und ergreifend nicht vorhanden sind.

Aus Graswurzeln werden Grashalme

Wie ein Grashalm, der bei guter Pflege aus einer Graswurzel emporwächst, können auch Graswurzel-Initiativen zu einem raumübergreifenden Erfolg werden. Ein gutes Netzwerk leistet bei diesem Vorhaben wichtige Hilfe. Je mehr Veranstaltungen, Flyer-Verteilaktionen, Webseiten, Facebook-Aufrufe und Vorzeigemodelle rund um die Graswurzel-Initiative existieren, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Projekt das Nischendasein hinter sich lässt und überregionale Wirkung entfaltet. Vielleicht gelingt es zunächst nur, das angrenzende Stadtviertel zum Mitmachen zu bewegen. Durch Multiplikatoren verbreitet sich die Idee unter Umständen in der ganzen Stadt, um schließlich den begrenzten Raum zu verlassen und die ganze Region oder das Land zu erfassen.

Nischen als Entwicklungsbeschleuniger

Nischen waren in der Vergangenheit häufig die Keimzellen der Veränderung. Die Abwesenheit staatlicher Institutionen beschleunigt viele Prozesse erheblich. Beispiel Stadtgarten: Eine Mietergemeinschaft, die im Hinterhof in Eigeninitiative einen Stadtgarten anlegt und diesen gemeinsam pflegt, muss keine Machbarkeitsstudie erstellen. Ein prominentes Beispiel für eine graswurzelbasierte Selbstorganisation ist das Internet. In der Anfangszeit ging die Entwicklung ohne jede Kommerzialisierung voran. Eine Handvoll technikaffiner Tüftler wurde zu einer Community, die Methoden entwickelte, jede Einschränkung des Informationsflusses erfolgreich zu umgehen. Dies geschah zu Beginn der 1970er Jahre, kurz nachdem der Startschuss für das Internet durch das Zusammenschalten von vier Universitäts-Großrechnern an räumlich voneinander getrennten Standorten in den USA fiel. Auch zahlreiche Gemeinschaftsgärten in deutschen Großstädten sind dem Nischenstadium mittlerweile entwachsen. Heute hat sich diese einstige Graswurzel-Initiative in nahezu allen Metropolen etabliert. Menschen übernehmen Verantwortung und tragen auf diese Weise zu einer steigenden Lebensqualität bei.

 

Graswurzel-Initiativen inspirierten uns bei der Auswahl des Namens für unsere Agentur wurzelschläger & friends. Mehr denn je geht es im Marketing darum, ausgetretene Pfade zu verlassen und neue Wege zu finden, um Interesse in Aktion zu wandeln. Die Graswurzel-Philosophie des „bottom-up“ und des kooperativen Miteinanders ist fest in unserem unternehmerischen Denken verankert. Sie ist für uns Motivation, die Perspektive zu wechseln und neue Assoziationen zu bilden, um auf diese Weise zukunftsweisende und nachhaltige Strategien zu entwickeln.

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